Diese Seite wird nur mit JavaScript korrekt dargestellt. Bitte schalten Sie JavaScript in Ihrem Browser ein!

<< Impulse von gfk-mediation.de

Löse dich von deinen Eltern ab – pseudopsychologische Mythen Nr.3
was man uns nicht alles so einreden will ....

 

 

Mit dem Ende der Kindheit beginnt ein neues Kapitel im Leben eines Menschen.

Wann ist die Kindheit zu Ende? Die Phase der Jugend wird durch die Phase des Erwachsen-Seins abgelöst. Löst sich der neue Erwachsene von seinem Kindsein ab? Heute denkt man, man müsse sich von den Eltern ablösen, doch die Eltern sind erwachsene Menschen wie man dann ja selber mittlerweile auch einer geworden ist. Allerdings trägt man immer noch Mama, Papa und sich selbst als Kind als Spielfiguren im eigenen Kopf rum. Natürlich haben wir während der Kindheit auch die Kultur des Miteinanders, die Konvention und Traditionen der familiären Gemeinsamkeit aufgesogen. Diese können durchaus einen hypnotischen Einfluss haben – man denke nur an sein Kindheitszimmer oder an den Geschmack bestimmter Kindheitsrezepte oder an den Geruch bestimmter Orte.

Probleme, die man lösen möchte, denen stellt man sich am besten so, dass man selbst den maximalen Einfluss auf sie hat. Insofern kann ich zwar sagen: Ich muss mich von meinen Eltern ablösen. Besser ist es jedoch, es so zu formulieren: Ich muss mich von meinem Kindsein ablösen.

Der Verlust des Kindseins, das ist der Verlust der freien, bedingungslosen Versorgung und des bedingungslosen Platzes in der Familie, auch der bedingungslosen Liebe. Wo es das alles nicht gab, hatten wir trotzdem einen gefühlten Anspruch darauf, was im Weiteren zur Entstehung von Idealen, Idolen und Sehnsuchtsgestalten führte, wofür ja gerade das Teenager-Alter so berühmt ist. Insofern hätten wir dann bereits zwei Verluste durch das Erwachsenen-Werden: einerseits den Verlust des Kind-Seins bei den realen Eltern und andererseits den Verlust des idealisierten Kindseins bei den idealisierten Eltern oder dem idealisierten Elternersatz, für die ja dann später der „idealen Partner“ in die Presche springen wird müssen.

Das Ideale ist abstrakt, das Konkrete ist nicht ideal – hier spielt die Musik auf unterschiedlichen Ebenen. Das Idol und der vom Leben geformte und gezeichnete Mensch ist nicht wahnfrei (bzw. nur durch temporäre Verliebtheit) in Übereinstimmung zu bringen. Die tatsächliche PartnerIn verlässt uns später enttäuscht, unser Ideal bleibt bei uns. Werden wir älter, zahlen wir den Preis mit all der Bitterkeit, die durch die Enttäuschungen entstand, die wir durch nicht-ideale Menschen erleben mussten.

Statt unserer jugendlichen Enthebung in die Welt der Ideale kann auch der Abstieg in die Unterwelt der Schreckensgestalten stattgefunden haben. Ängste, Spannungen und die Attraktion des Abweges mit seinen Zeitgenossen und queren Ideen waren manchen von uns näher, als die Erhebung (Entrückung) von der realen Welt hinweg ins Ideale. Das Spiel im Innern ist immer noch das selbe, nur die Oberfläche ist jetzt stumpf und düster statt hell und strahlend.

Wir werden alte Lasten ablegen und so auch einen Verlust akzeptieren müssen. Erst wenn man von diesem Spiel von Vergötterung, Verteufelung und Projektion genug hat, trifft man die Entscheidung, die Last abzulegen und dabei auch den Verlust menschlicher Perfektion zu akzeptieren. Man ist nicht mehr „schuldig“ oder „unschuldig“, man ist verantwortlich in gemeinsamen Kontexten.

Erträgt man den Verlust der Kindheit, oder erträgt man ihn nicht? Bei Gefühlen wie Wut, Hass, Gram, Trotz Empörung, Eifersucht, Verbitterung, Frustration und Depression mag man den Ausflüchten rechtfertigender Gedanken nicht so recht zu glauben. Irgendwie sieht das doch recht kindisch aus, oder etwa nicht?

Trägt man den Verlust des ehemaligen Kindseins nicht, so beginnen die kindlichen Vorwürfe an die PartnerIn, oder wir hängen an einem kindlichen Super-Konzept von Partnerschaft. So findet aber weder eine echte Begegnung mit dem Menschen statt, den man seine PartnerIn nennt, noch lebt man wechselseitige Verantwortlichkeit im entsprechenden Maße. Statt dessen macht man die PartnerIn für alles verantwortlich – sprich schuldig. Das „Kind“ in uns jammert über die „Eltern“.

Sexualität ist der Bonus, den der Erwachsene hat, das Kind nicht. Sexualität kann für den Kindhaft-Erwachsenen zu einem reinen Haltegriff gegen den gefühlten Verlust der Kindheit in einer unsicheren oder bösen Welt werden. Untreue ist undenkbar, denn die Eltern waren doch auch immer da (Praxis, konkret) oder hätten es sein sollen (Theorie, abstrakt).

Im reaktionären Gegenentwurf zur Treue dient natürlich auch die sogenannte Untreue manchen als Erlösungsweg. Weder auf die eine noch auf die andere Weise kommt es zu einer lebensdienlichen und dabei freundlichen Ordnung des Systems. In der Konsequenz darauf verlieren die Variablen der gelingenden Interaktion an Wert – Liebe, Frieden und Fülle lassen nach. Jeder ist sich selbst die oder der Nächste.

Sexualität mag fast wie eine Bezahlung der Natur für den Verlust des Kindseins erscheinen. Doch ganz so einfach ist das nicht – Ein Verlust will bewusst getragen sein, damit eine Ablösung und ein freies Weitergehen möglich wird. Nur dann wird der Schritt von der unsymmetrischen Beziehung (Eltern-Kind) in eine symmetrische Beziehung (Mann-Frau) gelingen. Hier ist Sexualität eine Bühne für die Sichtbarwerdung eines Erfolges. Fehlt der glückliche Bezug zur Sexualität, kann das eine spirituelle Enthebung vom banalen Menschsein sein, doch viel wahrscheinlicher ist, dass nicht verabschiedete Kindheitsfragmente eine unglücklich-lebensformende Rolle spielen. Die Ablösung ist nicht gelungen, die Verhaftung ans eigene Kindsein mit alten oder neuen Mamas und Papas bleibt bestehen.

Papa und Mama existieren nur durch das Kind. Es löst sich also etwas auf, sobald das Kind in die Erwachsenheit entschwindet. Mama und Papa der Kinderwelt werden zu den beiden Menschen, die aus Papa und Mama heute geworden sind. Ihnen gegenüber ein erwachsener Mensch zu sein, besiegelt die gelungene Veränderung.

In den Konfliktkorridoren haben sich Reservoire innerer Ohnmacht/Wut/Sehnsucht gesammelt. Genau in diesen Bereichen hat sich die Ablösung vom eigenen Kindsein nicht vollziehen können. Die Bewusstseinsbildung wurden durch Erlebnisse innerer Ohnmacht in diesen Bereichen zu sehr geschwächt. Blinde Flecken sind auf der inneren Landkarte entstanden und die Wut-Spannungen mit einem Sehnsuchtskern im Inneren erzählen von diesen Bewusstseinsdefiziten. Insofern ist die Ablösung vom Kindsein auch mit der Ausreifung dieser inneren Konfliktkorridore verbunden.

Man setzt den Eltern keine Grenzen, man tritt ihnen erwachsen gegenüber. Eine Konfrontation ist keine trennende Grenze sondern eine verbindende, wenn auch energiegeladene klärende Begegnung mit verbindlichen Resultaten. Es findet keine Verbergung sondern eine Sichtbarmachung statt. Was brauche ich, was brauchst du, wie können wir dafür sorgen?

Sexualität löst uns von den Eltern, indem sie unser Kindsein ablöst. Durch eigene Kinder entsteht eine neue Versöhnung mit den eigenen Eltern, zumindest erhalten wir die Gelegenheit für ein erweitertes Verständnis. Aus Mann und Frau wird Vater und Mutter, als neue Vertiefungsebene. Außerdem wird die persönlich erfahrene Unsymmetrie, die man selbst als Kind hatte, den eigenen Kindern weitergegeben. Hier entsteht ein Ausgleich über die Generationen. Hat man keine Kinder oder ist man nicht als Elternteil vorhanden, so fehlt dieser generationsverbindende Balancefaktor.

Hat sich jemand nicht vom Kindsein gelöst, so suche man im Leben dieses Menschen nach Idealen, Erhöhungen (Größenwahn) und Schreckensgestalten (Dämonen, Unglück) – mal in der eigenen Person verkörpert, mal in anderen – und den entsprechenden Kindern, Jüngern, Nachfolgenden (Kleinheitswahn) – sei es man selber, oder seien es PartnerIn, MitarbeiterInnnen, Untergebene oder alle anderen, „weil diese halt unterlegen sind“. Auch Mischformen von wechselnder Selbsterhebung und Selbstabwertung sind möglich. Diejenigen, die einem folgen, können zu den Verfolgern werden und einem das Leben schwer machen.

Kennzeichnend ist die Täter-Opfer-Retterdynamik aus Wut-Ohnmacht-Sehnsucht, die sich im aktuellen System überall wiederfindet. Jeder, der hier nicht bewusst aussteigt, spielt auf die eine oder andere Weise mit. Das System kopiert sich von selbst in die Herzen der Menschen um uns rum, besonders eben in die der Kinder. Trotz, Abscheu, Widerwillen und Hass sind dabei auch nur Erscheinungsformen der Wut, so wie Dissoziation, Gleichgültigkeit oder Depression Erscheinungsformen der inneren Ohnmacht sind. Der Sehnsucht bleibt das passive Hoffen und Schwärmen über. Bewusst auszusteigen bedeutet jedoch, das Spiel auf einer anderen Ebene anders spielen zu können. Wer hier tiefer einsteigen will, dem sei mein Buch „Wege aus der Selbstverschlossenheit“ ans Herz gelegt.

Bei der Vererbung von Familiendramen kommen wir zum Thema der verletzten Weiblichkeit und der verletzten Männlichkeit. Waren die Eltern Mann und Frau, wie man selber Mann oder Frau sein möchte? War die Beziehung der Eltern ein Musterbeispiel gelingender Zweisamkeit? Haben sie einander gewürdigt? Wieder könnten wir anklagen und verteidigen, doch das wäre eben das Kind und nicht die oder der Erwachsene.

Dann doch lieber einen Kaffe trinken.

Schickt mir Euere Gedanken, Ideen und Impulse.

Liebe Grüße,
Gabriel Fritsch

Impressum       Datenschutzerklärung    +49-0621-152 05 115 www.gfk-mediation.de